Aurorafalter (Anthocharis cardamines) – flatternde Farbtupfer kündigen den Frühling an
Wenn die Natur allmählich den Winter abschüttelt, erscheinen die Aurorafalter. Schon ab Ende März sind die kleinen Schmetterlinge unterwegs. Die umherwirbelnden orangen Farbtupfer über den erblühenden Wiesen haben mir schon als Kind ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Sie sind kleine Boten des Frühlings und der wiedererwachten Natur. In diesem Wissensbeitrag schauen wir uns den kleinen Falter und sein kurzes aber intensives Leben genauer an.
Aussehen: der weiße Schmetterling mit den orangen Flügeln
Die männlichen Aurorafalter zu bestimmen, ist keine große Herausforderung. Die intensiven orangen Klekse auf den Vorderflügeln sind schon von Weitem gut zu erkennen. Sie erinnern an das Farbenspiel der aufgehenden Sonne. Kein Wunder also, dass der Schmetterling die römische Göttin der Morgenröte Aurora in seinem Namen trägt.
Die Vorderflügel des Aurorafalters enden in dunkel gefärbten Flügelspitzen. Auf der Flügeldecke der Vorderflügel findet sich zudem jeweils ein kleiner schwarzer Punkt. Bei den Weibchen fehlen die großen orangen Farbtupfer völlig. Die Schmetterlingsdamen ähneln von oben betrachtet in ihrem Erscheinungsbild deshalb anderen weißen Schmetterlingsarten. Dies lässt schon vermuten, dass der Aurorafalter zur Gattung Pieridae, also zu den Weißlingen, gehört.
Zum Glück haben die Falter noch ein weiteres deutliches Unterscheidungsmerkmal. Durch dieses können auch die Weibchen gut bestimmt werden. Beide Geschlechter tragen nämlich auf der Unterseite ihrer Flügel eine markante grünliche Marmorierung. Diese auffällige Zeichnung erkennt man am besten, wenn sich die Falter auf einer Blüte niederlassen. Eine solche Zeichnung findet sich sonst nur bei den hin und wieder bei uns aus dem Süden einwandernden Reseda-Weißlingen (Pontia edusa). Anhand der anderen Merkmale sind diese aber dennoch gut vom Aurorafalter zu unterscheiden.
Verbreitung und Flugzeit der Falter
Die Aurorafalter kommen in Europa, dem Mittleren Osten aber auch in den gemäßigten Klimazonen Asiens vor. Je nach klimatischen Bedingungen ändern sich ihre Flugzeiten. Im kühleren Norden fliegen die Falter später, im warmen Süden kann man sie schon deutlich früher entdecken. In Deutschland sind die Schmetterlinge in der Regel von Ende März bis Anfang Juni unterwegs.
Lebensraum der Schmetterlinge
Der Aurorafalter mag Feuchtwiesen, Waldränder und parkähnliche Anlagen mit viel Licht. Stimmen die Voraussetzungen in der Umgebung, ist er auch in unseren Gärten zu finden. Ich beobachte ihn bei meinen Spaziergängen vor allem auf Feuchtwiesen mit reichlich Wiesenschaumkraut, einer wichtigen Nahrungspflanze für die Raupe. Die Falter profitieren von gut strukturiertem und extensiv genutztem Grünland. Der Aurorafalter ist bei uns noch relativ häufig anzutreffen und nicht akut in seinem Bestand bedroht.
Welche Pflanzen bevorzugt der Aurorafalter?
Die Aurorafalter-Raupe bevorzugt verschiedene Arten von Kreuzblütlern. Beliebt sind das bereits erwähnten Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis) und die Knoblauchsrauke (Alliara petiolata). Lassen wir diese Pflanzen in unserem Garten stehen, haben wir gute Chancen, dass irgendwann auch der Aurorafalter bei uns vorbeischaut. Mit etwas Glück sieht man die Weibchen dann auf den Blüten der Raupenfutterpflanzen sitzen.
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Fortpflanzung – wählerische Faltermänner
Sieht ein Aurorafalter-Männchen ein Weibchen, fängt es an dieses zu verfolgen. Wenn sich das auserwählte Weibchen zuvor schon einmal gepaart hat, gibt es die Verfolgung in der Regel schon nach etwa drei Sekunden wieder auf. Bei einem jungfräulichen Weibchen legt sich das Männchen dagegen mehr ins Zeug. Ganze 30 Sekunden dauert die Verfolgungsjagd im Schnitt. Da das Männchen nur eine begrenzte Anzahl an Spermien produziert, steigert es so die Chance auf eine erfolgreiche Fortpflanzung. Einen geeignete Partner umwirbt das weibliche Tier ihrerseits mit hochgezogenem Unterleib. [1]
Eiablage – frische Blüten für den Falternachwuchs
Nach der Paarung macht sich das Weibchen auf die Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz. Es bevorzugt dabei vor allem Pflanzen mit großem Blütenstand in offener und sonniger Lage. Hat das Aurorafalter-Weibchen die Möglichkeit, legt es seine Eier an eine Pflanze mit frisch aufgegangenen Blüten. Je länger die ausgewählte Pflanze schon am Blühen ist, desto geringer ist die Überlebenschance der Raupe. Dies liegt vermutlich daran, dass die sich bildenden Samenkapseln für die Larve schwer zu fressen sind. Die Raupen bevorzugen nämlich Blüten und Fruchtstände als Nahrung. Die Blätter sind für sie eher weniger interessant und werden nur verzehrt, wenn keine Blüten und unreifen Fruchtstände mehr vorhanden sind. [2]
Kannibalistische Raupen
Die Raupe des Aurorafalters ist wahrlich kein geselliger Zeitgenosse. Da die Raupen untereinander kannibalistisch sind, legen die Aurorafalter-Weibchen in der Regel nur ein Ei pro Futterpflanze. Hat an einem Blütenstand bereits ein anderes Weibchen Eier abgelegt, meiden andere werdende Falter-Mütter diese Pflanze ebenfalls. Das hängt vermutlich mit Pheromonen zusammen. Die Anzahl der abgelegten Eier hängt somit auch von der Anzahl der blühenden Raupenfutterpflanzen ab. Die Falter-Population kann deshalb von Jahr zu Jahr stark schwanken.
Die unauffälligen Raupen können von Mitte Mai bis Ende August gefunden werden. Die Aurorafalter-Raupen werden relativ selten von Vögeln gefressen. Studien lassen hierfür zwei Gründe vermuten. Zum einen besitzen die Raupen eine gute Tarnung, zum anderen könnten die in den Futterpflanzen enthaltenen Senföle den Falternachwuchs ungenießbar machen.
Anschließend verpuppt sich die Raupe meist dicht über dem Boden zu einer graubraunen Gürtelpuppe. Diese hat Ähnlichkeiten mit einem Pflanzendorn. Aurorafalter überwintern als Puppe, bis sie im nächsten Frühjahr wieder schlüpfen.
Wissenswert: Diese Probleme hat der Aurorafalter mit dem Klimawandel
Sind kürzere Winter ein Problem für den Aurorafalter? Darauf deutet zumindest eine Studie aus dem Vereinigten Königreich hin. Kürzere Winter sorgen hierbei für eine geringere Entwicklungsrate der Falter. Die Forscher fanden aber noch einen weiteren Effekt: Nach kürzeren Wintern schlüpfen die Falter nicht mehr so synchron. Das bedeutet, dass weniger Tiere gleichzeitig unterwegs sind, was den Erfolg der Fortpflanzung verringern kann. Der Klimawandel könnte also ein echtes Problem für den Aurorafalter darstellen. [3]
Ein Schmetterling, der vom Klimawandel profitiert, ist das Taubenschwänzchen. Erfahre hier alles Wissenswerte über den Kolibri-Schmetterling.
Quellen
[1] https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0003347286801002
[2] https://link.springer.com/article/10.1007/s004420050270
[3] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ece3.1773